Story

In der Aufbruchsstimmung der späten 60er Jahre, am Tag der Schulabschlussfeier des Karl-Heinz Wildmann, genannt „Charly“, unserem Protagonisten, beginnt die Handlung des Stückes.
Er stammt aus einer konservativ ländlichen Familie. Nach seinem Schulabschluss wird ihm nahegelegt, den elterlichen Hof zu übernehmen oder ein Handwerk zu erlernen.
Zwar sind die überlieferten Werte seiner Heimat für ihn wichtig, doch der wilde Wind des Zeitgeistes weht denen heftig entgegen, Neugierde und Lust auf Veränderung lassen ihm keine Ruhe. Wild entschlossen, die Welt seiner Sehnsüchte kennenzulernen, mit vielen unbeantworteten Fragen im Herzen und wenig Ahnung von der wilden Welt ‚da draußen‘, bricht er auf zu neuen Erfahrungen; mit seinem Motorrad, mit seiner Gitarre und ein Wenig Erspartem.

Er trifft auf die ganze Vielfalt der ausgelassenen wilden Hochgefühle der frühen 70er: Die fortschrittlichen und revolutionären Ideen, die knallbunten, originellen Bilder der fremden Milieus, die alles versprechenden Glücksbringer, gehört, geraucht wie geschluckt, die unangepassten, wilden Persönlichkeiten dieser Zeit mit ihrem leidenschaftlichen Aufruf zu Frieden, Liebe und Freiheit, aber auch auf ihre kriegerischen Konflikte und tiefen Kontroversen, ihre ganze Widersprüchlichkeit. In ihm, dem strukturierten Landwirtssohn und neuerwachtem Idealisten, toben die heftigsten Gegensätze und er ist wild entschlossen, zu einer bessere Welt seinen persönlichen Beitrag leisten zu wollen.

Diese Zerrissenheit führt zum Zusammenbruch und ins Krankenhaus. Er wird zum Opfer seiner eigenen, ungehemmten und wilden (Sehn-) Süchte. Auf seiner Seelenreise wird er heimgesucht von wilden, rauschhaften, psychedelischen Halluzinationen und Visionen, fantastisch, inspirierend und wunderschön, aber auch abstoßend und widerwärtig. Er sieht Bilder seiner Zukunft, des 21. Jahrhunderts: Hart, kalt, technisiert, voller Gleichschaltung und Angepasstheit kommt ihm dieses Morgen vor. Sogar die Musik, für ihn Ausdruck seiner Stimmungen und Gefühle, generieren Maschinen und Automaten. Die von ihm geliebte Natur allerdings tobt, wehrt sich wild gegen den Missbrauch, dem sie im Namen von Fortschritt und Wachstums ausgesetzt wird, und dies seit Jahrzehnten.

Er wird Lehrer und glaubt, damit einen Beitrag zum Abwenden dieser Vision leisten zu können.
Sein Beruf führt ihn wieder zurück in das Land seiner Jugend. Hier nun will er schützen und bewahren, den jungen Menschen seine Erfahrung weitergeben, dafür sorgen, dass neben der Vermittlung von Wissen die Kreativität, die Kultur und die Lebensart nicht zu kurz kommen und das Wilde in den Herzen seiner Schüler lebendig erhalten.

Gegen Ende des Stückes begegnet uns dann ein eher müder, fast resignierter Charly, der nach langen Lehrerjahren viel von seiner missionarischen Wildheit verloren hat. Die neuen Werte der neuen Zeit treffen bei ihm auf verhaltene Sympathie, die allfällige Ausrichtung auf das Materielle belastet sein Gemüt. Was wurde aus dem leidenschaftlichen Appell an die „Schwestern und Brüder“ nach Frieden, Liebe und Freiheit zu greifen? Das waren doch die Werte, für die er gelebt hat, für die er lange und hart gekämpft hat und die er im Alltag erleben wollte - jeden Tag und überall!

Seine Schüler, die ihn sehr schätzen, spüren seine Enttäuschung und wollen ihm helfen; ihm, der immer an sie geglaubt hat, ihm, der in jedem von ihnen das Wertvolle und Besondere entdecken wollte, es gefunden und, so gut er konnte, gefördert hat.

Sie nehmen ihn noch einmal mit auf einen wilden Trip, so wie damals, als er selbst noch jung und wild war. Sie wollen den Geist seine Jugend wiederbeleben. Seine Verbundenheit mit seinen Schülern bringt ihn dazu, sich auf ihre Welt einzulassen. Und er denkt daran, wie sehr er sich damals ein Interesse seiner Familie an seiner Welt gewünscht hätte…

… und, er wird überrascht, denn alles hat sich wohl doch nicht verändert: die ‚Jungen’ machen mit ihm geläufiger Begeisterung ihre Musik, fühlen sich in abgefahrenem Outfit wohl, cruisen genauso leidenschaftlich auf ihren Bikes; sie schlagen sich herum mit ähnlichen sie belastenden existenziellen Fragen, ziehen die Ansichten ihrer Väter mehr als in Zweifel und träumen ebenso verbissen wie sehnsüchtig von einer besseren Welt.

Wir verabschieden uns von Charly und sehen ihm zu, wie er sich seinen Motorraddress überwirft, seinen Helm packt, und eine wilde Fahrt durch die Landschaft seiner –unserer- Heimat macht. Im Fahrtwind, in der Kraft der ungezähmten wilden Natur, er-fährt er wieder Freiheit, Frieden und die wirkliche Sehnsucht seiner Wünsche.
Diesmal aber bleibt die Gitarre daheim. Dafür hat er ein Headset auf seinem Kopf, hört die unzarten wilden Rap-Songs seiner Schüler und Frau und Kinder wünschen einen ‚easy ride‘.

 

 

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